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Jutta Nymphius: “Pelles Papa: Was guckst du?!”

Jutta Nymphius (Autorin)
Volker Fredrich (Illustrator)
Tulipan Verlag
Lesealter: ab 8 Jahre
 80 Seiten
Gebundenes Buch: 13,00€

Pelle und Papa sind eine prima Mannschaft. Doch dann beginnt Papa, komische Sachen zu machen: Er legt Schuhe in den Kühlschrank, macht sich stundenlang schön und guckt immer so bekloppt. Pelles Freund ist sich sicher: Dein Papa ist verliebt! Aus ists mit dem schönen Leben! Von jetzt an wird nur noch geputzt, gelernt und gesund gegessen. Aber das wird Pelle ganz bestimmt verhindern… (Klappentext)

Bei 3 ist die 2 mit drin

Pelle hat’s gut – zumindest am Anfang. Sein Papa ist entspannt, Pelle sowieso, und das Leben läuft in genau den richtigen, leicht chaotischen Bahnen. Doch dann beginnt Papa, sich zu verändern. Er wird komisch. Grinst vor sich hin. Trällert alberne Lieder. Und plötzlich steht eine Fremde vor der Tür. Ada.

Was wie eine typische Patchwork-Geschichte beginnt, nimmt in „Pelles Papa – Was guckst du?!“ eine angenehm unerwartete Wendung. Jutta Nymphius schreibt nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit einem feinen Gespür für kindliche Logik, leise Irritationen und große Missverständnisse. Denn Pelle erwartet eine böse Stiefmutter wie aus dem Märchenbuch, bekommt aber Ada, die Chemikerin, die sich mit Molekülen auskennt, Pizza bestellt und sich nicht im Geringsten daran stört, wenn das Wohnzimmer aussieht wie nach einem Wäscheorkan.

Erzählt wird das Ganze in einer abwechslungsreichen Kombination aus klassischem Erzähltext und wunderbar dynamischen Comic-Sequenzen. Volker Fredrichs Illustrationen sind kein bloßes Beiwerk, sondern treiben die Handlung weiter, liefern Zwischentöne, Blicke und kleine Pointen, die ohne Worte auskommen, aber viel sagen. Die Übergänge zwischen Text und Bild sind so gestaltet, dass man beim Umblättern immer wieder überrascht wird. Nicht selten ergeben sich gerade aus der Gegenüberstellung von Text und Bild neue Ebenen, kleine Widersprüche oder ironische Brechungen, die vor allem lesefreudige Kinder ab etwa 8 Jahren sehr ansprechen dürften.

Thematisch trifft das Buch einen Nerv. Patchwork-Familien sind längst keine Ausnahme mehr und doch fühlt sich die Perspektive hier erfrischend neu an. Pelle darf eifersüchtig, misstrauisch und unfair sein. Ohne dass ihm das moralisch angekreidet wird. Und Ada? Die ist keine Superpädagogin mit Zaubertrickkiste, sondern einfach ein Mensch mit Ecken, Interessen und trockenem Humor. Dass sich die Beziehung zwischen ihr und Pelle nicht in Zuckerwatte auflöst, sondern langsam entwickelt – mit kleinen Schritten und echtem Staunen – macht das Buch glaubwürdig und nahbar.

Kritisch ließe sich allenfalls anmerken, dass die Erwachsenen hier sehr geduldig agieren – fast schon übermenschlich gelassen. Aber vielleicht ist das gar nicht schlimm. Vielleicht braucht es genau solche Geschichten, in denen Konflikte nicht durch lautstarkes Drama gelöst werden, sondern durch das Zulassen von Chaos, Neugier und ein bisschen Pizza.

“Pelles Papa” ist keine Anleitung für das Funktionieren als Patchwork-Familie, sondern eine kluge, visuell wie inhaltlich originelle Geschichte über Erwartungen, Veränderungen und das überraschend Unkomplizierte am Zusammenleben.

Vielen lieben Dank an den Tulipan-Verlag für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar!

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Alice Pantermüller: “Mein Lotta-Leben: Sei kein Trottel, Axolotl” Band 21

Alice Pantermüller (Autorin)
Daniela Kohl (Illustratorin)
Arena Verlag
Lesealter: ab 9 Jahre
160 Seiten
Gebundenes Buch: 13,00 €

Ach, du Graus! Heute gab es Halbjahreszeugnisse und Cheyenne und ich finden unsere Deutschnoten nicht so toll. Aber zum Glück gibt es ja AGs, mit denen man seine Noten verbessern kann. Die Schülerzeitung zum Beispiel. Da könnte ich ja was über Tiere schreiben und Cheyenne bekommt ihre eigene Witzeseite. Leider haben Fatma und Tarek aus der Redaktion ganz andere Ideen für uns: Wir sollen den Lehrer Herr Melin interviewen – voll langweilig. Doch dann passiert was Aufregendes und mit einem Mal sind Cheyenne und ich einer echten Dealerin auf der Spur! Plötzlich sind wir infestative Journalistinnen (oder wie das heißt). Blöd nur, dass uns die Dealerin verdächtig bekannt vorkommt … (Klappentext)

Ein turbulentes Schulabenteuer

Auch im 21. Band bleibt sich die Reihe treu: überdreht, lebensnah und mit einer großen Portion Freundschaft im Gepäck.

Lotta und Cheyenne stolpern diesmal nicht nur durch den Schulalltag, sondern auch in die Tiefen investigativer Recherchen – oder was sie dafür halten. Die Sache mit der Schülerzeitung beginnt harmlos, entwickelt sich aber schnell zur Mission mit wilden Verdächtigungen und verdeckten Operationen, und endet in einer peinlichen Klassenkonferenz.

Die Handlung ist leichtfüßig. Gerade das Wechselspiel zwischen überdrehtem Humor und ehrlichen Gedanken macht den Reiz aus. Lotta denkt viel, manchmal wirr, oft klug – aber immer aus der Perspektive eines Mädchens, das versucht, Schule, Eltern, Freunde und sich selbst irgendwie unter einen Hut zu bringen. Cheyenne sorgt wie immer für Chaos mit Herz und Witz, Rémi für Verwirrung, und Frau Kackert… nun ja, sie überrascht einen dann doch ein bisschen.

Typisch für die Reihe ist der bunte Mix aus Schriftarten, Pfeilen, Skizzen und Sprechblasen. Das ist viel – vielleicht sogar zu viel, wenn man es nicht gewohnt ist – aber genau das bringt die Lotta-Reihe so nah an die Zielgruppe. Der Comicstil nimmt die Angst vorm Lesen, lädt zum Durchblättern ein und hält selbst Leseanfänger bei Laune.

„Sei kein Trottel, Axolotl“ ist kein stilles Buch. Es ist laut, wild, direkt. Und gleichzeitig schafft es kleine Momente, in denen man merkt: Hier geht’s um mehr als um Quatsch. Um Freundschaft, Unsicherheit, um das Gefühl, manchmal nicht weiterzuwissen und dann doch weiterzumachen.

Wer Lotta kennt, wird sich sofort heimisch fühlen. Wer sie neu kennenlernt, bekommt einen Einstieg, der genau das liefert, was viele Kinder mögen: Tempo, Humor und das Gefühl, verstanden zu werden.

Ein riesengroßes Dankeschön von meiner Lesegruppe, die sich wirklich sehr über das Rezensionsexemplar gefreut hat. Lotta und Axolotl sind nun Teil der Leseecke – wenn sie nicht gerade wieder ausgeliehen sind.

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Fabiola Turan: “Artemis – Abenteuer auf dem Meer der Wünsche”

Fabiola Turan (Autorin)
cbj Verlag
Lesealter: ab 8 Jahre
288 Seiten
Gebundenes Buch: 14,00€

Willkommen auf dem Meer der Wünsche,

einer Welt so grenzenlos wie deine Fantasie …

Mit allem hätte Artemis gerechnet – nur nicht damit, sich plötzlich an Bord eines fliegenden Schiffes wiederzufinden! Die Crew der Dreamcatcher besteht aus magisch begabten Kindern, die das Meer der Wünsche vor einem machthungrigen Baron beschützen. Um ihren Teil dazu beizutragen, muss Artemis die Wolkenmagie in sich erwecken und sich auf eine gefährliche Reise begeben. Dabei wird ihr mehr abverlangt als erwartet und bald droht das Abenteuer aus dem Ruder zu laufen. Haben die Kinder gemeinsam eine Chance, gegen das Böse zu bestehen und das Meer der Wünsche zu retten? (Klappentext)

Zwischen Wolken, Wünschen und Wirklichkeit

“Artemis” ist kein typisches Kinderbuch, und das im besten Sinne. Die Geschichte entfaltet sich aus einer realistischen Ausgangssituation und wechselt dann überraschend in eine fantastische Welt über den Wolken. Dort begegnet man einer Crew aus Kindern mit besonderen Fähigkeiten, einem schwebenden Schiff und einer Bedrohung, die größer ist, als es zunächst scheint.

Was das Buch auszeichnet, ist seine originelle Idee: eine Hauptfigur, deren vermeintliche Schwäche – ihre Leidenschaft fürs Zeichnen – in einer neuen Welt zur besonderen Stärke wird. Das ist nicht nur eine gelungene Wendung, sondern auch eine kluge Botschaft für junge Leser:innen, die sich mit eigenen Unsicherheiten identifizieren können.

Die fantastische Welt, in der sich Artemis plötzlich wiederfindet, ist kreativ und atmosphärisch beschrieben. Besonders das Schiff und die Idee des Meers der Wünsche wirken durchdacht, ohne mit fantastischen Elementen überfrachtet zu sein. Manche Elemente hätte man sich natürlich etwas ausführlicher gewünscht. Zum Beispiel einige Nebenfiguren und Konflikte bleiben eher angedeutet als vollständig entwickelt. Gerade an diesen Stellen merkt man, dass es sich um einen Einzelband handelt. Der Fokus liegt stark auf Artemis, wodurch ihre Entwicklung überzeugend gelingt, andere Aspekte aber etwas in den Hintergrund rücken.

Stilistisch ist das Buch gut lesbar, mit einer Sprache, die für die Zielgruppe gut geeignet ist. Einige Formulierungen wirken zwar leicht gestelzt oder ungewohnt, bremsen den Lesefluss jedoch nicht.

Positiv hervorzuheben ist auch das Ende: Es bietet einen runden Abschluss, bleibt dabei aber glaubwürdig und verzichtet auf eine zu einfache Lösung. Kleine Rückschläge und Zweifel gehören dazu – das vermittelt das Buch auf ruhige, einfühlsame Weise.

„Artemis – Abenteuer auf dem Meer der Wünsche“ bietet eine spannende Geschichte über Mut, Selbstvertrauen und die Kraft der Fantasie, ohne dabei in gängige Klischees zu verfallen. Für Kinder ab etwa zehn Jahren ist es eine schöne Möglichkeit, in eine originelle, abgeschlossene Fantasywelt einzutauchen. Ideal für alle, die keine langen Reihen lesen wollen, aber trotzdem das große Abenteuer suchen.

Vielen lieben Dank an den cbj Verlag. Es war eine wundervolle Reise über das Meer der Wünsche.

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Jutta Wilke: “Der Tag, an dem Lotto-Werner verhaftet wurde”

Jutta Wilke (Autorin)
Ulf K. (Illustrator)
Coppenrath Verlag
Lesealter: ab 9 Jahre
288 Seiten
Gebundenes Buch: 15,00€

Finja ist sauer! Ihr Papa hat überhaupt keine Zeit mehr für sie und Emil hat nur noch Augen für seine neue Freundin Juma. Überhaupt scheinen alle im Viertel den Verstand verloren zu haben. Kreuz und quer wird sich verliebt. Und dann wird auch noch Lotto-Werner verhaftet! Zum Glück ist Finja eine echte Detektivin und wird diesen Fall lösen. Und zwar ganz allein! Auf einen Freund wie Emil kann sie nämlich gut verzichten – und erst recht auf diese Juma mit den unfassbar blauen Augen und der coolen pinken Haarsträhne … Oder etwa nicht? (Klappentext)

Detektivarbeit im Hormonchaos

Kennt ihr schon Hobbydetektivin Finja? Dies ist ihr zweiter Kriminalfall für neugierige Spürnasen ab 9 Jahren, den ihr problemlos auch ohne Vorkenntnisse aus Band 1 lesen könnt. Finja lebt bei ihrem Papa. Ihre Mama ist vor vielen Jahren abgehauen und scheint kein großes Interesse zu haben, Teil von Finjas Leben zu sein. Aber das macht Finja nicht allzu viel aus. Sie und ihr Papa sind ein unschlagbares Team.

Normalerweise ermittelt Finja gemeinsam mit ihrem besten Freund Emil. Emil möchte Krimiautor werden und ist stets auf der Suche nach passenden Einfällen. In letzter Zeit hat Emil wenig Zeit für Finja. Ein Grund dafür scheint Juma zu sein, die er plötzlich im Schlepptau hat. Finja ist sich nicht sicher, was sie von der Sache halten soll. Doch am Büdchen von Emils Mutter ist gerade sowieso viel los, das ihre ganze Aufmerksamkeit fordert. Lotto-Werner plant einen romantischen Heiratsantrag und alle aus der Nachbarschaft helfen mit. Im entscheidenden Moment platzen zwei Polizisten dazwischen und verhaften Lotto-Werner. Finja nimmt ihre Ermittlungen auf, um Lotto-Werners Unschuld zu beweisen.

Sowohl für Finja als auch für den Leser wird es allerdings schwierig bei dem Fall Lotto-Werner bei der Sache zu bleiben. Immer wieder drängen sich andere Sachen in den Vordergrund. Ob das heimliche Verabredungen zwischen Finjas Papa und einer Unbekannten sind, Jumas Einmischung in Finjas gewohnte Freundschaft mit Emil oder die Sorgen und Nöte der vielfältigen Charaktere, die sich rund um das Büdchen tummeln. Die Ermittlungen und damit das ersehnte Miträtseln rücken teils in den Hintergrund. Nicht, dass die Geschichten rund um die Figuren langweilig wären. Ganz im Gegenteil. Die sind alle super abwechslungsreich und interessant. Auch der hervorragende Schreibstil sorgt dafür, dass beim Lesen des Buches an keiner Stelle Langeweile entsteht. Manchmal hatte ich nicht das Gefühl, ein Kinderbuch in Händen zu halten. Zum einen durch den bereits erwähnten Schreibstil und zum anderen aufgrund der komplexen und vielschichtigen Figurengestaltung.

Die eigentliche Detektivgeschichte dümpelt zwischen dem Gefühlswirrwarr hin und her, ehe sie Richtung Ende ordentlich an Fahrt gewinnt. Dann geht es Knall auf Fall und ich habe im Nachhinein das Gefühl, die Zusammenhänge nicht gänzlich durchschaut zu haben bzw. fand ich sie ein wenig an den Haaren herbeigezogen.

Trotzdem hat mir das Buch sehr gut gefallen und ich habe mich wunderbar unterhalten gefühlt. Die Charaktere erscheinen authentisch und aus dem Leben gegriffen. Finja steht an der Schwelle zum Erwachsenwerden, was durch ihr eigenes Gefühlschaos deutlich wird. Ich konnte die Handlung an keiner Stelle vorhersehen, fand sie stellenweise echt traurig, manchmal bitter, aber doch mit einem klugen Hauch Humor. Aufgelockert wird das Buch durch comichafte schwarz-weiß Illustrationen und Steckbriefe, die Emil im ersten Band erstellt hat und nun von Finja ergänzt oder überarbeitet werden. Auch die Geheimschrift ist ein toller Zusatz im Buch, der jungen Lesern Spaß macht.

Ich durfte das Buch im Rahmen einer Leserunde auf LovelyBooks lesen und bedanke mich ganz herzlich beim Coppenrath Verlag für das Rezensionsexemplar und den Austausch mit allen Mitlesenden!

Lust auf Finjas 1. aufregenden Fall?